Quo vadis KUL?

19. Juni 2021

Vor über einem Jahr hat der Stadtrat der Stadt Leutershausen mehrheitlich eine Unternehmenssatzung für das Kommunalunternehmen Leutershausen erlassen, die in sich inkonsistent ist und teils auch dem Gesetz widerspricht. Dieser Umstand wurde ebenfalls bereits vor knapp einem Jahr festgestellt und zwischenzeitlich durch ein juristisches Gutachten bestätigt.
Außerdem wurde durch den beauftragten Juristen bemerkt und belegt, dass die Besetzung des Verwaltungsrats des Kommunalunternehmens Leutershausen (KUL) mit dem kompletten Stadtrat sicher nicht dem Geiste des Gesetzes entspricht, obgleich dies natürlich nicht an sich verboten ist.

Trotzdem weigern sich bis heute weite Teile des Stadtrats, die festgestellten Probleme zu beheben. Stattdessen werden weiterhin diverse Einzelbeispiele von außen herangezogen, die diese und weitere fragwürdigen Regelungen rechtfertigen sollen:

  1. Die Organe des KUL sollen denen des Kommunalunternehmens des Markts Bechhofen (KMB) nachempfunden werden. Hier bilden zwei Gemeindebedienstete den Vorstand und der gesamte Marktgemeinderat dient dort als Verwaltungsrat.
    Das KMB ist zuständig für die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung sowie die Breitbanderschließung des Gemeindegebiets, welches zwar eine ähnliche Einwohnerzahl aufweist, aber mit nur 28 Ortsteilen auf nur etwa 80 % der Fläche der Stadt Leutershausen insgesamt dichter besiedelt ist. Der Bereich der Wasserversorgung wird durch den Zweckverband zur Wasserversorgung der Reckenberg-Gruppe betreut. Ein wesentlicher Teil der Aufgaben ist folglich an einen Kooperationspartner ausgelagert. Hinzu kommt, dass das KUL mit dem Betrieb des eigenen Stromnetzes und als Stromlieferant weitere Aufgaben hat, die teils hohen regulatorischen Anforderungen unterliegen – das KMB hat keinen derartigen Geschäftsbereich; genauso wenig hat es im Abwasserbereich die Befindlichkeiten eines Großeinleiters zu berücksichtigen. Entsprechend hinkt der Gesamtvergleich der beiden Kommunalunternehmen stark und es lassen sich unmöglich Personalanforderungen unverändert vom KMB auf das KUL übertragen.
    Dass der Marktgemeinderat von Bechhofen den Verwaltungsrat des KMB bildet, ist unbestritten – und neben dem KUL ist das wohl der einzige Fall in ganz Bayern. Dies ist sicherlich nicht illegal, aber wenn hierin die Musterbesetzung eines Verwaltungsrats eines Kommunalunternehmens gesehen wird, warum verfahren dann nicht alle Gemeinden und Landkreise so? Dass, wie oben schon erwähnt, die gesetzgeberische Intention hier eine andere ist, wird also fast überall eingesehen, nur nicht hier.

  2. Als weiterer Grund für die Besetzung des KUL-Verwaltungsrats mit dem kompletten Stadtrat wird mitunter angeführt, dass dort die Expertise jedes einzelnen gefragt ist. Ein schmeichelhaftes Argument – aber auch das Zeugnis eines eigenwilligen Wirtschaftsverständnisses. Es wird wohl kaum durch die Wahl in den Stadtrat irgendeine Qualifikation einer/s einzelnen in Fragen der Ver- und Entsorgung nachgewiesen. Genausowenig lassen sich daraus für die Nebentätigkeit in einem Verwaltungsrat wünschenswerte Kenntnisse in der Überwachung der Vorstandsarbeit ableiten. Anhand derselben Logik wären dann auch alle Ausschüsse des Stadtrats aufzulösen (außer dem Rechnungsprüfungsausschuss, der in Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern gebildet werden muss) – dabei sollen Ausschüsse doch gerade „Sachverstand bündeln und die gemeindliche Arbeit durch Entlastung des Gemeinderats effektivieren“ (Lissak, Bayerisches Kommunalrecht, S. 137, Rn. 90). Sollte die Expertise im KUL-Verwaltungsrat ernsthaft erweitert werden, so wäre dies womöglich am ehesten dadurch zu bewerkstelligen, dass zumindest ein Teil der Gremiumssitze mit geeigneten externen Kandidaten besetzt wird – eine Möglichkeit, die das Gesetz bewusst offen hält.

  3. Immer wieder taucht auch die Forderung auf, Sitzungen des Verwaltungsrats sollten grundsätzlich öffentlich stattfinden. Auch hier wird gebetsmühlenartig auf zwei Beispiele in Bayern verwiesen, wo Kommunalunternehmen dies entsprechend in ihrer Satzung geregelt haben – Ingolstadt und Volkach. Die Rückfrage beim ehemaligen Bürgermeister von Volkach, unter dessen Regie das dortige Kommunalunternehmen gegründet wurde, ergab, dass diese Regelung gegen die ausdrückliche Empfehlung der dortigen Rechtsaufsichtsbehörde in die Satzung aufgenommen wurde. Auch die einschlägige Kommentarliteratur stellt fest, dass Sitzungen des Verwaltungsrats eines Kommunalunternehmens grundsätzlich nichtöffentlich sind – eine „unvermeidliche Folge seiner Verselbstständigung“ (Schulz in PdK Bayern, Kommentar zu Art. 90 GO, Erl. 3.3). Die gesetzlichen Regelungen der Gemeindeordnung und der KUV können ja durchaus hinterfragt werden – Ansprechpartner wäre dann aber der Bayerische Landtag; Stadtrat und Verwaltungsrat des KUL bilden hier den falschen Rahmen.

Es ist bezeichnend, dass ein Wortführer im Stadtrat in der Sitzung am 25.05.2021 festgestellt hat, dass man das KUL nicht „als Unternehmen führen wolle“. Man will kein Unternehmen und man will offensichtlich auch keinen rechtmäßig nach Gesetz und Satzung agierenden Verwaltungsrat.

Man sollte sich deshalb die Frage stellen, warum dieses Kommunalunternehmen in ebendieser Rechtsform überhaupt gegründet wurde. Offensichtlich ergibt sich durch die Verselbstständigung der städtischen Bereiche im Kommunalunternehmen eine Entlastung des städtischen Haushalts. Es ist aber nicht statthaft, einerseits diesen Vorteil der Organisationsform dankend anzunehmen und die scheinbaren Nachteile durch rechtlich fragwürdiges Verhalten umgehen zu wollen.

Statt weitere Jahre vor Ort ergebnislos die Frage „Quo vadis KUL?“ und den Sinn gesetzlicher Regelungen zu diskutieren, sollte sich der Stadtrat von Leutershausen endlich eingestehen, dass er vor vier Jahren ein Kommunalunternehmen mit allem Für und Wider gegründet hat, sich – als Teil der Exekutive! – an die Rahmenbedingungen, die durch diese Rechtsform vorgegeben werden, halten und das KUL entsprechend betreiben, so wie nahezu alle anderen Kommunalunternehmen im Freistaat Bayern auch betrieben werden. Dies umfasst auch die Tatsache, dass sich die Aufgaben eines Stadtrats und die eines Verwaltungsrats eines Kommunalunternehmens grundsätzlich unterscheiden. Die Alternative, um die oben genannten Forderungen zu erfüllen, ist die schildbürgerartige Rückkehr zu einem kommunalen Eigenbetrieb – mit allen Konsequenzen wie beispielsweise dem Wegfall der Vergaberechtsfreiheit bei Beschaffungen unterhalb der EU-Schwellenwerte, genehmigungsbedürftigen Kreditaufnahmen, zwingenden Arbeitsverhältnissen wie bei der Kommune, aber sicherlich auch steuerrechtlichen Folgen. Damit dürfte dann die Haupterkenntnis wieder einmal lauten: „Außer Spesen nichts gewesen!“

Dr. Bastian M. Wojek
Stadtratsfraktion SPD/Bürgerforum Leutershausen

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